Gedichte

von
 

Anton Schlude
 
 
 
 

Freiburg,

gedruckt bei Franz Xaver Wangler.
 

1838



Das Röschen.

 

Hausen, den 23. Juni 1836



Im schönsten Purpurkleide
Sah ich ein Röschen blüh'n,
Ein wahres Bild der Freude,
Schien mir darin zu glüh'n.
Aus seines Kelches Mitte
Stieg süßer Duft empor;
Doch unter seiner Blüthe
Stach Dorngesträuch hervor.
 

Das Röschen wollt' ich pflücken,
Es reizte mich gar sehr;
Doch wollte es nich glücken,
Es war mir fast zu schwer.
Die rauhen Dorne ritzten
Mir Hände und Gesicht,
Und selbst die Kleider schützten
Vor ihren Stichen nicht.
 

Doch muthig bis zum Ziele
Drang ich durch's Dorngesträuch,
Und brach im Frohgefühle
Mir dieses Röschen gleich.
Und groß war meine Freude,
Als ich es mir gepflückt,
Für das bestand'ne Leide
Ward reichlich ich beglückt.
 

So sollst Du mir im Leben
Ein Bild mein Röschen seyn,
Der Tugend nachzustreben,
Dem Kampfe mich zu weih'n.
Und sind auch Dorngestrüppe,
Gestreut auf meine Bahn,
Hemmt mich auch Fels und Klippe,
Mit Muth glimm' ich hinan.
 

Was werd' ich dann empfinden,
Bin ich am Ziel der Bahn? -
Wenn ich mir Kränze winden
Und Rosen pflücken kann!
Wenn hinter mir die Dornen
Und Felsgeklippe sind,
Und ich die erst verworr'nen,
Dann klaren Wege find'!


Gedichte von Anton Schlude
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